In den letzten Jahren hat das Thema Gender Mainstreaming zunehmend an Bedeutung gewonnen – insbesondere im akademischen Kontext, wo gendersensible Führungskultur(en) entscheidend für die Weiterentwicklung von Chancengleichheit sind. Deshalb ist die Berücksichtigung und – langfristig betrachtet – komplette Integration geschlechtsspezifischer Perspektiven in Personal- und Organisationsentwicklungszusammenhängen und anderen kulturprägenden und ressourcenrelevanten Entscheidungsprozessen eine der wichtigen und zukunftsrelevanten Themen der Hochschulentwicklung. Hierbei geht es nicht nur um Themen und Fragen organisationalen Gerechtigkeit und individuellen Gerechtigkeitserlebens, sondern auch um eine zentrale Voraussetzung für innovative und nachhaltige Lösungen in Wissenschaft und Forschung vor dem Hintergrund größeren politischen Drucks und knapper werdender Ressourcen für Bildung, Wissenschaft und Universitäten.
Warum Gender Mainstreaming?
Gender Mainstreaming als Führungsansatz bedeutet, Gleichstellung nicht isoliert zu betrachten, sondern systematisch in alle Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse einer Organisation zu integrieren. Denn obwohl Frauen und nicht-binäre Personen in der Wissenschaft zunehmend vertreten sind, ist ihre Präsenz in Hochschulen und Hochschulkultur prägenden (Führungs-)Positionen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Gender Mainstreaming bietet hier vielfältige Lösungsansätze an, die dazu beitragen wollen und können, gezielt strukturelle Barrieren überwindet.
Strategien gendersensibler Führung
Bewusste Gleichstellung und Diversität auf allen Ebenen berücksichtigen und integrierende Entscheidungsprozesse
Führungskräfte in Wissenschaft, Verwaltung und Management haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Kultur und das Arbeitsumfeld an Hochschulen. Deshalb sollten sie alle über ihren Tisch gehenden und von ihnen getroffenen oder in Gang gesetzten Entscheidungsprozesse regelmäßig im Führungskräftekreis und im Austausch mit unterschiedlichen Stakeholder*innen reflektieren und durchleuchten:
- Welche Auswirkungen haben Entscheidungsprozesse mit Blick auf Lehrangebote, Forschungsleitlinien und -projekte auf verschiedene Geschlechtergruppen?
Fortlaufende Schulungen, Coaching und Kollegiale Beratung und Tools wie Bias-Checklisten können helfen, unbewusste Vorurteile zu erkennen und abzubauen.
Respektvolle, partizipative Fürhung braucht Zeit
Partizipative Führung fördert offene Kommunikation auch und gerade bzgl. erlebter Differenzen und Diskriminierung und bindet vielfältige Perspektiven ein. Teams, die sich wertgeschätzt und gehört fühlen, arbeiten kreativer und produktiver nicht nur auf inhaltlicher, sondern auch auf sozialer Ebene. Die Integration vielfältiger Perspektiven und Personen erfordert allerdings von allen Beteiligten Offenheit, Austausch, Verständnis und Geduld und ,nagt‘ infolgedessen an der kostbarsten Ressource jede*s/r Wissenschaftler*in und jeder Führungskraft. Organisationen, die sich entwickeln und neue Querschnittsthemen integrieren wollen, müssen Mitarbeiter*innen und Führungskräften dafür Arbeits-, Lern- und Reflexionszeit ,gewähren‘: Gender Mainstreaming und Diversity Management sind komplexe Aufgaben, die weder ,nebenbei‘ noch ,on top‘ am Wochenende erledigt werden können – erst recht nicht in einer Zeit, in der genau diese Führungsansätze politisch mehr und mehr unter Druck geraten und gezielt in Verruf gebracht werden.
Aktive Mitgestaltung von Trainings und Workshops als fortlaufende Führungsaufgabe
Führungskräfte sind gefordert, sich kontinuierlich fortzubilden, um dem Anspruch, mit Hilfe von Gender Mainstreaming Organisationen und Organisationskultur zu gestalten und zu verändern, gerecht werden und die damit verbundene Verantwortung ausfüllen zu können.
Trainings zum Thema Diversität und Genderkompetenz vermitteln notwendiges Know-how und fördern nachhaltige Veränderungen in der Führungskultur, wenn sie von den adressierten Teilnehmer*innen nicht als zusätzliche Zumutung abgewertet, sondern durch aktive Beiträge zu inspirierenden und zu respektvollen Diskussionen und persönlicher Entwicklung einladenden Foren gemacht werden.
Weiterbildung und Mentoring für Männer
Einige Hochschulen haben Mentoring-Programme eingeführt, die gezielt Frauen und nicht-binäre Personen auf Führungsaufgaben vorbereiten.
Auf vergleichbare Mentoring-Programme, die gezielt Männer auf vielfältige Führungsaufgaben im Bereich Gender Mainstreaming und Diversity Management vorbereiten, warten wir indes seit Jahren vergeblich.
Vielfältige Programme für vielfältige Teilnehmer*innengruppen bieten also nicht nur Unterstützung im Führungsalltag und tragen zur Organisations- und Kulturentwicklung bei. Sie schaffen auch wichtige Vorbilder für zukünftige Generationen.
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